All Woman and Springtime – Brandon Jones
Rezension
Zwei nordkoreanischen Mädchen wird ein Leben in Freiheit versprochen, doch es stellt sich heraus, dass sie tatsächlich an ein Bordell verkauft wurden. Das Buch schildert die darauffolgenden Monate. Wie sie weitere Opfer kennenlernen, erneut verkauft werden und dabei um ihre Freiheit kämpfen. Gleichzeitig findet der Kampf im Inneren statt: Warum überhaupt kämpfen, wofür? Die Welt ist grausam, nichts Gutes ist ihnen jemals passiert, also wozu sich überhaupt noch Mühe geben.
Wir lernen die täglichen Qualen kennen, die brutalen Zuhälter, die ständig drohende Gewalt, wenn sie nicht genug leisten, die unendliche Müdigkeit bei maximaler Ausnutzung und dennoch die Forderung für die Kunden perfekt auszusehen und eine heile Welt vorzuspielen.
Der Roman beschreibt eine schreckliche Welt, und dennoch ist es die Realität von tausenden nordkoreanischen Frauen, die jährlich in die Sexarbeit verkauft werden. Sie haben keinen Ausweis, sie haben kein Zuhause. Gehen sie zurück nach Nordkorea, werden sie wohl als Verräter gehängt. Es gibt keinen Ort der Sicherheit, nirgends, wohin sie weglaufen könnten.
Ich habe bereits zahlreiche Biografien von Nordkoreanern gelesen und dies ist nun mein erster Roman. Es ist interessant festzustellen, wie sich beide Buchstile miteinander vermischen. Biografien enthalten fiktive Elemente (zahlreiche Nordkoreaner werden deswegen kritisiert, wobei auch verstanden wird, dass die Traumata die Grenze zwischen Realität und Fiktion verschwimmen lassen) und Romane haben sich zum Großteil in ähnlicher Form zugetragen. Entsprechend sollte man nicht sagen, nur weil es eine Geschichte ist, ist es nicht wahr. Es ist wahr, es brutal, es ist schrecklich. Es sind Monate oder gar Jahre, die ausschließlich aus Angst, Schmerzen und ausgenutzt werden bestehen.
Insgesamt bevorzuge ich jedoch klar die Biografien, bei denen man eine reale Person mit ihren „tatsächlichen“ Erlebnissen begleitet. Dies ist insbesondere interessant, wenn man auch nun weiter online verfolgen kann, was aus der Person geworden ist. Nordkorea ist bereits so schrecklich, dass die Realität schockierend genug ist, man braucht diese nicht noch mit Fiktion zu ergänzen.
Wer noch nie Bücher aus/über Nordkorea gelesen hat, sollte keinesfalls mit diesem Buch anfangen. Zahlreiche Dinge werden wenig Sinn ergeben und als lächerlich abgestempelt. Etwa die Anbetung der Porträts der Führer, die in jedem Zuhause hängen müssen und wie Beschützer gesehen werden, die über einem wachen und das Zuhause erst vervollständigen.
Man sollte an dieses Buch erst mit ein wenig Grundwissen über die Ideologie Nordkoreas lesen. Ich denke, der beste Einstieg ist "The Aquariums of Pyongyang: Ten Years in the North Korean Gulag" (💶). Wer dann noch mehr über Nordkorea erfahren möchte, kann Yeonmi Park verfolgen, bzw. ihr Buch "In Order to Live" (💶) lesen. All Woman and Springtime ist als Ergänzung akzeptabel, wenn man bereits die wichtigsten Biografien gelesen hat und noch mehr braucht, um seinen Nordkorea-Hunger zu stillen.
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Persönliche Meinung
Ich habe die Geschichte als unterhaltend und teilweise fesselnd empfunden. Doch hat mich öfter gestört, dass es „nur“ eine Geschichte ist. Dies ist besonders zu tragen gekommen, wenn einige Stellen ein klein wenig unrealistisch wirken, um der Erzählung dienlich zu sein. Man muss sich darauf einlassen und im Hinterkopf behalten, dass sehr ähnliche Schicksale Tag für Tag passieren.
Bewertung: ⭐⭐⭐⭐⭐⭐★★★★ 6/10